Eine kleiner Rückblick

 

Extrakt von Der Buckfastimker,
15(1), 1999, p 172-174
avec leur permission.
Artikel von Paul Jungels
Berufs - Beienziichterei,
Brandenbourg, Luxemburg.

Erst nach der Erfindung des mobilen Wabenrähmchens begann der Mensch schrittweise den Schleier der Geheimnisse um die Biologie der Honigbiene zu lüften.  Die ersten Züchtungsversuche bei der Honigbiene, auf der Basis von Rassenreinzucht, wurden um die Jahrhundertwende in der Schweiz von KRAMER eingeleitet.  Die weitaus größten Anstrengungen in der Bienenzüchtung wurden sicher im deutschen Sprachraum gemacht (Bruder ADAM, 1982).  1919 veröffentlichte Prof. Ludwig ARMBRUSTER, Direktor im von ihm selbst aufgebauten staatlichen Bieneninstitut Berlin - Dahlem, ein umfassendes Werk über die Möglichkeiten der Anwendung der bereits um 1865 veröffentlichen Erbgesetze von Gregor MENDEL, hier allerdings speziell in Bezug auf die Honigbiene.  Aufgrund seiner überaus kritischen Haltung gegenüber den politischen Vorgängen im damaligen Deutschland wurde Prof. ARMBRUSTER 1934 seiner Ämter enthoben.
Lange Zeit widmete man sich daraufhin im deutschen Sprachraum ausschließlich der Rassenreinzucht auf der Basis verschiedener  geographischer Bienenrassen.
In der übrigen Welt erregten die Veröffentlichungen Armbrusters indessen größtes Interesse.

So unternahm auch Bruder ADAM, dem die Veröffentlichungen Armbrusters "eine Welt von Möglichkeiten eröffneten" eher aus der Not heraus ab 1919 eine Serie von Züchtungsversuchen von bis dahin unbekanntem Ausmaß.  Bruder ADAM erzielte in der Krankeitsresistenzucht ( der Tracheenmilbe fielen damals laut amtlichen Angaben innerhalb weniger Jahre über 90% der Bienenvölker in England zum Opfer)  mittels Kombinationzucht erstaunliche und dauerhafte Erfolge.  Diese Erfolge beruhen nicht, wie oft fälschlich dargestellt wird, auf der Kurzlebigkeit der ADAM-Biene noch auf der Betriebsweise, sonst wäre die Tracheenmilbe in den USA nicht zum Problem geworden innerhalb der vergangenen 10 Jahren.  Denn die dort überwiegend verbreitete Form der Ligustica ist viel kurzlebiger und genauso fruchtbar wie der Buckfast-Stamm, gegenüber der Tracheenmilbe aber extrem anfällig.  Dagegen zeigt sich der Buckfast-Stamm auch heute in Amerika weitestgehend resistent.

Die Suche nach geeignetem Zuchtmaterial zum Verfeinern seines Zuchtstammes mittels weiterer Kombinationszucht führte Bruder ADAM schließlich in fast sämtliche natürliche Verbreitungsgebiete von Apis mellifera, vor allem in die an das Mittelmeer grenzenden Länder, den Nahen Osten sowie Kleinasien.  Die Erforschung der verschiedenen Herkünfte führten schließlich zu einer umfassenden Rassenkunde bei der Honigbiene, die von Prof. Ruttner erweitert und verfeinert wurde.

Mittels Kreuzungs - und Kombinationszucht wurde von Bruder ADAM in 70 jähriger Zuchtarbeit die Buckfastbiene entwickelt, eine Neukombination welche die wirtschaftlich  wertvollen Eigenschaften verschiedener Naturrassen vereinigt.  Heute erfreut sich der Buckfast - Stamm weltweit, vor allem bei Berufsimkern, einer großen Beliebtheit.  Die europäische Imkerei hat aber auch die Grundprinzipien der Betriebsweise Bruder ADAM’s nahezu vollständig übernommen.  Allzu oft wird deren Begründer allerdings vergessen oder ganz einfach verschwiegen. Ich erwähne nur:

Bei Bruder ADAM fanden diese Erkenntnisse seit 1930 ihre konsequente Anwendung ! 
Mußte Bruder ADAM sich zu Beginn, bei der Entwicklung seines Zuchtweges, auf sich selbst verlassen, dies was die gesamte Arbeit von der Erforschung und Erprobung der Rassen bis hin zur Erstellung von Kreuzungen und Neukombinationen und deren Auswertung (in spezieller Betriebsform) anbelangt, so ist uns dieser Weg heute vorgezeichnet.  Außerdem verfügen wir über Vorlagen (nicht Rezepte, diese gibt es in der Züchtung nirgendwo) die uns "zweckdienliche Hinweise" übermitteln.  Wir haben es folglich um einiges einfacher.  Und es gibt erwiesenermaßen auch noch Neuland.  Dieser dynamische Zuchtweg ist nicht annähernd ausgeschöpft, wie die Ergebnisse bei verschiedenen Züchtern beweisen.

Nachdem immer weitere Informationen über die Unsicherheit der Inselbelegstellen durchdringen, stellen sich heute folgende prinzipielle Fragen:

Systematische Abstammungsnachweise (mittels genetischen Fingerprinting) von sog. Reinzuchtstämmen während einiger Generationen  würden m.E. die heile Bienenzüchtungswelt arg erschüttern.  Oder besser gesagt : Dem Boden der Realitäten wieder näher bringen !

Januar 1999

Paul Jungels

 

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